Gibt es hier überzeugte Buy and Hold Verfolger?
Überzeugt würde ich mich nicht nennen - aber ich habe seit 2008 keine Aktie oder Fonds mehr verkauft (nur zugekauft).
Auch wenn ich in der Krise 2008 viel Geld verloren habe, so bin ich doch dankbar für sie - denn ich habe viel gelernt. Über mich, wie ich mich verhalte und reagiere, was ich kann, was nicht kann und natürlich über die Märkte selbst.
Und eine Erkenntnis ist: Kursverläufe vorhersagen kann ich nicht. Punkt.
Daher habe ich seitdem auch nichts mehr verkauft.
Wie stellt ihr euch mental auf sowas ein und diszipliniert euch?
Ich versuche mein Depot möglichst emotionslos zu betrachten. Entweder es steigt, dann mehrt sich mein Vermögen, oder es fällt, dann werden die nächsten Zukäufe günstiger bzw. es gibt mehr Anteile fürs gleiche Geld.
Da die langfristige Renditeerwartung bei Aktien positiv ist, haben fallende Kurse sogar etwas Gutes. Mit gegebenen Mitteln ist es möglich eine größere Basis für zukünftige Gewinne einzukaufen.
Den Versuch von Market Timing konnte ich durch die Nutzung von Sparplänen zuverlässig unterbinden. Diese werden immer zu einen festen Zeitpunkt ausgeführt - komme was wolle. Wenige Tage nach Fukushima wurde z. B. mein Sparplan für den Nikkei ausgeführt. Ich bin froh, das mir der Sparplan die Kaufentscheidung abgenommen hat - denn ich hätte wahrscheinlich gezögert. Im nachhin hat sich der Kauf jedoch als Glücksgriff erwiesen - ich bin nie wieder so günstig in japanische Aktien eingestiegen wie an diesem Tag.
Da nicht alle meine ETFs über Sparpläne verfügbar sind, kaufe ich diese teilweise auch über normale Orders. Mit diesen hänge ich mich aber an die Sparpläne, um keine Emotionen aufkommen zu lassen. Die Sparpläne kaufen am 15. direkt nach Börseneröffnung, also tue ich dies mit den manuellen Orders ebenfalls.
Bauchschmerzen hätte ich aber z. B., jetzt eine Einmalanlage zu tätigen und z. B. noch durch monatliche ETF-Sparpläne zu ergänzen.
Mich interessiert mal, wie ihr mental mit diesen Problemen umgeht und euch drauf einstellt.
Da meine Rücklagen für auftragsfreie Zeiten und Co. bereits seit einigen Jahren aufgebaut sind und mir darüber hinausgehendes Geldvermögen schon länger zu unsicher geworden ist, habe ich seitdem alles in Aktien (und einen kleinen Teil Gold) investiert. Kursanstiege und die gute Auftragslage haben das Wertpapierdepot gut wachsen lassen, so daß dort mittlerweile der Gegenwert von 18 Monatsnettoumsätzen liegt - 98% in Aktien(fonds) und 2% in Gold.
Ich denke es hat mir geholfen, das ich mit meinem Depot wachsen konnte. Betrachte ich die täglichen Wertschwankungen nominal und vergleiche sie mit meinem Tagesverdienst, müßte ich eigentlich entweder heulen oder eine Party feiern, denn aufgrund der mittlerweile vorhandenen Größe und der Art der Anlage habe ich an diesem Tag häufig entweder für umsonst gearbeitet (oder Verluste gemacht) oder ein Mehrfaches verdient.
Vielleicht braucht es wirklich Zeit, sich an die Schwankungen zu gewönnen. Dabei ist es natürlich hilfreich, wenn das Depot nach und nach aufgebaut wird, um sich an die nominal immer größeren Schwankungen zu gewöhnen.
Ich denke eine große Einmalanlage mit anschließendem Sparplan hätte ich emotional nicht verkraftet - und würde auch davon abraten.
An Deiner Stelle würde ich zum Aufbau eines Aktien(fonds) Depots daher wie folgt vorgehen:
- Such Dir die entsprechenden Werte heraus, in die Du gerne investieren möchtest und gewichte diese. Richte für diese Werte dann monatliche Sparpläne in Höhe der gewünschten Sparrate ein.
- Statt einer Einmalanlage teilst Du das vorhandene Geld in 24 Portionen und addierst für die nächsten zwei Jahre jeweils eine Portion auf die Sparpläne. Die prozentualle Aufteilung behälst Du bei.
Dieses Vorgehen hätte in meinen Augen mehrere Vorteile:
- Das Depot wächst langsamer und Du hast Zeit, Dich an die Schwankungen zu gewöhnen.
- Die Last bei einer Einmalanlage alles richtig machen zu müssen (Wertpapierauswahl, Zeitpunkt, ...) wird Dir genommen bzw. besser verteilt.
- Sollten die Kurse steigen, kannst Du Dich über die Gewinne freuen. Sollten sie fallen, hast Du immer noch genug Cash in der Hinterhand um bei der nächsten Sparplanausführung günstiger zuzukaufen.
- Sollte morgen ein Ereignis dafür sorgen, das sich die Kurse halbieren, hast Du immer noch die Option all in zu gehen
- Du mußt die Käufe nicht von Hand durchführen. Die Sparpläne nehmen Dir diese (und die damit verbundenen Emotionen) ab.
Allerdings hat dieses Vorgehen auch einen Nachteil - da die langfristige Renditeerwartung positiv ist, sollte man eigentlich immer sofort mit allem investieren. Du erkaufst Dir mit dem Aufteilen eine höhere Chance nicht zum falschen Zeitpunkt eingestiegen zu sein, bezahlst dafür aber mit einem möglichen Renditeverlust.
Ich überlege nun, trotz gestiegener Notierungen mal ein kleines ETF Depot zu eröffnen:
30% Europa (darunter 75% Core und 25% Small Caps)
30% USA (darunter 75% Core und 25% Small Caps)
30% Emerging Markets
10% Pazifik
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Von meiner Seite aus wirst Du dazu keine Einwände bekommen - dazu ähnelt es meinem Depot zu sehr