Hallo zusammen,
ich hatte grad 3 Tage lang einen i8 als Probewagen (dickes Danke an BMW) und wollte mal ein stichwortartig paar Eindrücke zusammenfassen.
Für den Einstieg wurde ich vom BMW Mann eigens eingewiesen. Flügeltür auf (geht sehr schön und mit wenig Kraft), dann den Hintern auf den Schweller setzen, dann rückwärts in den Sitz rutschen, dann erst die Beine verstauen. Der Schweller ist rekordverdächtig hoch. So in etwa stelle ich mir auch den Z1 vor. Die Kampfspuren meiner Vorgänger im Interieur beweisen, dass es kaum möglich ist, die Schuhe ohne Einschläge ins Auto zu bekommen. Der Ausstieg ist noch etwas unwürdiger. Kein Auto für den großen Auftritt vor der Eisdiele.
Wenn man einmal sitzt, ist es sehr bequem. Die "Schalensitze" haben eine Art Zwangs-Lordosenstütze, die mir nicht 100% zusagt. Das Interieur sieht sehr edel und sportlich aus. Bei näherem Hinsehen bemerkt man allerdings ein paar Stellen, die nur mäßig hochwertig aussehen. Der Gesamteindruck ist aber top, in dem Auto könnte ich mich absolut wohlfühlen. Für mich einer der schönsten Innenräume zur Zeit.
Der Wagen war an der Säule bei BMW voll geladen, was 29 km entspricht. Über den Tag sinkt das im Vollautomatikmodus konstant ab, aber der Verbrenner und die Rückgewinnung speisen auch immer etwas ein.
DIe Bedienung ist eigentlich wie von anderen aktuellen BMW gewohnt. Ganz stressfrei.
Rein elektrisch rangieren und losfahren hat was. Man genießt die Stille. Der Elektromotor ist beim Fahren sehr gut, beim Rangieren manchmal etwas schwierig dosierbar. Es wird eine Wandlerautomatik mit Kriechen simuliert, allerdings etwas ruckartig. Höchstgeschwindigkeit im reinen Elektromodus ist 123 kmh.
Im Normalmodus wird der Verbrenner dauernd ein- und ausgeschaltet. Das geht enorm elegant vonstatten. Die Übergänge sind nicht spür- und kaum hörbar. Sehr beeindruckend, da steckt viel Aufwand hinter. Im Normalmodus gibt es keinen Drehzahlmesser. Man wird also optisch auch nicht informiert, ob der Verbrenner grad läuft. Das sieht man nur im Energieflussdiagramm unter Fahrzeuginfo. Ich hab auch keine Temperaturanzeige gefunden.
In reinen Elektromodus läuft der Verbrenner natürlich nie, außer bei Kickdown. Der Wagen ist damit nicht schwächlich, aber der berühmte Elektropunch beim Anfahren stellt sich auch nicht ein. Der Elektromotor wirkt auf die Vorderräder, was zu sehr leichten Traktionsproblemen führen kann. Kann man mit leben.
Im Sportmodus taucht dann ein Drehzahlmesser auf und der Verbrenner läuft konstant. Der Wagen mach dann recht viel Spaß. Er hängt allgemein ziemlich gut am Gas, trotz des hoch aufgeladenen kleinen Motors. Der Elektromotor kaschiert das Turboloch sehr gut. Ich würde mal sagen, die Fahrleistungen wirken wie ein non-S Carrera. Soundmäßig passiert recht viel, der Verbrenner klingt sehr schön. Nach einen gut klingenden, großen Saugmotor. Vermutlich fast vollständig aus dem Lautsprecher.
Das Fahrwerk ist überraschend hart. Die Lenkung ist sehr direkt und leichtgängig. Ich fand sie gut, sie hat aber nicht jedem gefallen.
Ich bin auf meiner Normrunde (100km zur Arbeit und zurück) mit 6,3 l /100 ausgekommen, ohne mich irgendwie verstellt zu haben. Der R8 hätte da 15, der Porsche 12-13 genommen. Das passt also. Sehr faszinierend: wenn man im Stop and Go die Bremse vermeidet, kommt man fast gratis voran. Auch nach langen Staus hat man so noch fast die gleiche Akku- und Benzinreichweite. Generator und Elektromotormodus scheinen einen sehr guten Wirkungsgrad zu haben.
Der Wagen hat definitiv seinen Reiz. Man muss ihn allerdings als wunderschönes Öko-Auto ansehen. Nicht als Sportwagen. Das führt nur zu Enttäuschungen. Meine Autobahn-Referenzkurve geht im R8 mit 103 kmh. In den verschiedenen Porsche bin ich auch auf ca. 100 gekommen. Mit einem normalen BMW etc. traue ich mich vielleicht auf 85 oder 90. Mit dem i8 habe ich 93 gewagt und bin mit recht starkem Untersteuern und Reifenquietschen überrascht worden. Da war wirklich Ende. Gefühlt liegen zwichen 93 und 103 aber Welten. Der Wagen untersteuert allgemein recht stark. Und die Reifen quietschen allgemein ziemlich viel. In Kreisverkehr muss man schon mal an Kojak-Folgen aus den 70ern denken. Das liegt vermutlich an den schmalen Reifen. Evtl. sind die als Energiesparreifen ausgelegt.
Das Exterieur finde ich persönlich wunderschön und futuristisch. Die Karosserie ist komplett aus Kunststoff, macht also beim näheren Hinsehen nicht den ultimativ hochwertigen Eindruck. Einige Details sind auch nicht 100% elegant. Das muss man wohl durchgehen lassen zu Gunsten der Gewichtsreduzierung. Man kann z.B. von oben direkt auf den Kühlerlüfter gucken. Die Abdeckleisten auf dem Schwellern sind etwas lieblos montiert, der Zugang zum "Motor" durch den Kofferraum ist etwas läppisch gemacht. Kann man aber mit leben.
Überraschenderweise reagiert die Umgebung entweder neugierig oder negativ auf den Wagen. Nicht wirklich positiv. Einige Autofahrer haben aktiv versucht, mich zu ärgern, ohne irgendwelchen Anlass. Sehr seltsam und evtl. Zufall. Das ist mir im R8 kaum so passiert. Da sieht man auch immer mal Daumen nach oben oder Handykameras. Im i8 nicht.
Der Wagen ist sehr breit. Mit Spiegeln 2,20 m, also nicht mehr für die linke Spur in Autobahnbaustellen geeignet. Im R8 kein Problem. Ich wollte auch unbedingt in meiner eher engen Einzelgerage ausprobiert haben, ob die Tür aufgeht. Das ist aber kein Problem. Alles ist aber viel knapper als mit dem R8. Etwas überraschend ist die Länge. Er ist 27 cm länger als der R8. Die Rücksitze hätte man sich evtl. sparen sollen. Auch für Kinder sind die kaum tauglich. Da man nicht wie im Porsche die Lehne als Ladefläche nach unten klappen kann (ich hab es zumindest nicht geschafft), sind sie auch als Stauraum kaum zu nutzen, da man die Sitzflächen beschädigen würde.
Ich habe einige Leute fahren lassen. Insgesamt sind die Meinungen ziemlich geteilt. Die beiden Damen (meine Frau und meine Steuerberaterin) wollten gar nicht mehr aussteigen. Bei den Männern gingen die Meinungen ziemlich auseinander. Zwischen völlig begeistert und "geht gar nicht" gab es alles.
Die Konditionen seitens BMW sind so, dass sich das Problem erst mal nicht stellen wird. Bislang stellt man sich den Vertrieb wie bei Apple vor, also zum LIstenpreis.
Wichtig ist die Einstellung zum Auto. Wer einen harten Sportwagen zum Kurvenräubern sucht oder eine Autobahngranate, liegt mit dem Auto falsch. Das ist eher ein Öko-Auto für Ästheten. Ich kann mich sehr gut da rein leben. Man muss sich für die Technik interessieren und sie auch zu würdigen wissen. Man muss die Optik mögen. Man muss das ganze Konzept einfach mögen. Ist sicher ein Auto für eine schmale Zielgruppe.
Aber ich mag ihn. Ich hab die 3 Tage genossen. Man muss halt mit den passenden Erwarteungen an ihn herangehen.
Gruß
Stefan