Interview mit Willy Rampf, Technischer Direktor des BMW Sauber F1 Teams

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  • „Mit dem Auto von Monaco wären wir in Monza über 50 km/h langsamer.“


    München/Hinwil, 4. September 2007. Der Große Preis von Italien ist eine einzigartige Herausforderung für Fahrer und Ingenieure. Willy Rampf, Technischer Direktor des BMW Sauber F1 Teams, erklärt, wie man sich darauf vorbereitet.


    Was macht Monza zu einer besonderen Strecke?


    Willy Rampf, Technischer Direktor: „Monza ist ein klassischer Hochgeschwindigkeitskurs mit sehr langen Geraden, vergleichbar eigentlich nur mit der früheren GP-Strecke von Hockenheim. An vier Stellen erreichen die Piloten deutlich über 300 km/h, und der Volllast-Anteil beträgt 76 Prozent. Das ist deutlich mehr als auf jeder anderen Formel-1-Strecke. Deshalb fährt man in Monza das niedrigste Abtriebsniveau der gesamten Saison.“


    Was heißt das für die Aerodynamik des Autos?


    Rampf: „Wir haben für dieses Rennen spezielle Aerodynamik-Teile, ein so genanntes Low-Downforce-Paket, entwickelt. Wir fahren hier den kleinsten Heckflügel der Saison. Um eine ausgewogene Aero-Balance zu erreichen, wurde auch der Frontflügel neu entwickelt und angepasst. Zusätzlich analysiert man sämtliche Anbauteile auf ihre aerodynamische Effizienz. Nur die besten bleiben am Auto. Einige baut man ab, weil sich dadurch die Performance verbessert. Man geht also genau den umgekehrten Weg wie beispielsweise in Monaco, wo im Prinzip alles ans Auto kommt, was Abtrieb produziert.“


    Stichwort Monaco – wie viel weniger Abtrieb fährt man denn in Monza im Vergleich zu dem Stadtkurs?


    Rampf: „In Monaco erreichen die Autos nur an einer einzigen Stelle 290 km/h, in Monza fahren sie dagegen vier Mal deutlich über 300 km/h. Deshalb ist es das Ziel der Techniker, den Luftwiderstand zu minimieren. Dafür geben wir rund ein Drittel Abtrieb her. In Monaco geht Anpressdruck über alles, in Monza dagegen spielt der Luftwiderstand eine sehr wichtige Rolle. Allerdings darf man den Abtrieb nicht vernachlässigen, schließlich wollen die Piloten ja dennoch spät bremsen und schnell durch die Kurven fahren.“


    Wie würde denn ein Vergleich der Höchstgeschwindigkeit aussehen?


    Rampf: „Mit dem Low-Downforce-Paket erreicht der F1.07 in Monza am Ende der Start-Ziel-Geraden eine Höchstgeschwindigkeit von rund 350 km/h. In der Monaco-Spezifikation wäre bereits bei weniger als 300 km/h Schluss, weil die Motorleistung dann nicht mehr ausreicht, um den sehr stark ansteigenden Luftwiderstand zu überwinden.“


    Welche Rolle spielte bei der Entwicklung der Aero-Teile der Windkanal, welche der Supercomputer mit Intel-Prozessoren?


    Rampf: „Das lässt sich nicht trennen. Bei der Entwicklung dieser Teile gibt es eine Interaktion zwischen den Erkenntnissen aus dem Windkanal und jenen der computergestützten Strömungssimulation. CFD und Windkanal befruchten sich gegenseitig. CFD hat Vorteile, wenn es beispielsweise um die Entwicklung von Flügelkonzepten geht. Dagegen ist der Windkanal unschlagbar bei der aerodynamischen Abstimmung des Gesamtfahrzeugs.“


    Wie stimmt man das Auto für den Kurs in Monza mechanisch ab?


    Rampf: „Neben der Höchstgeschwindigkeit ist auch entscheidend, dass die Piloten aggressiv über die Randsteine fahren können. Es gibt drei Schikanen mit anschließendem Vollgasstück. Es ist wichtig, schnell aus diesen Kurven herauszukommen, dafür muss die Traktion stimmen. Die mechanische Abstimmung ist ein schwieriger Kompromiss: Für bestimmte Fahrsituationen wie das Überfahren der Randsteine und für gute Traktion muss man weich genug abstimmen, darf aber nicht zu weich werden, sonst fehlt in den schnellen Kurvenpassagen die Stabilität.“


    Inwieweit fordert diese Streckencharakteristik die Bremsen?


    Rampf: „Für die Bremsen ist Monza eine Art Wechselbad. Einerseits lassen ihnen die langen Geraden viel Zeit zur Erholung, andererseits bedeutet das Anbremsen aus sehr hoher Geschwindigkeit jedes Mal eine extreme Belastung. Am Ende der Start-Ziel-Geraden gibt es den härtesten Bremsvorgang der Saison. Innerhalb von drei Sekunden bremsen die Piloten von 350 km/h auf 70 km/h runter, die maximale Verzögerung beträgt fünf g. Dabei erreichen die Bremsscheiben kurzzeitig Temperaturen von deutlich über 1000 Grad. Besonders heikel ist der Bremsvorgang auch deshalb, weil die Karbonscheiben auf den langen Geraden mehr abkühlen, als es den Fahrern lieb ist – auf weniger als 400 Grad. Wenn die Piloten dann mit rund 100 Kilogramm aufs Pedal drücken, beißen die Bremsen während ein paar Sekundenbruchteilen nicht optimal. Darauf müssen sie sich einstellen.“


    Wie sieht es mit der Belastung des Motors aus?


    Rampf: „Monza stellt für die Motoren die größte Beanspruchung dar. Die Strecke hat mit 76 Prozent den höchsten Volllastanteil aller Grands Prix. Dadurch laufen die Triebwerke besonders lang in hohen Drehzahlbereichen. Probleme sind aber deshalb keine zu erwarten, weil die homologierten Motoren für solche Belastungen ausgelegt sind.“

    Teil VI der Episode "Das Land muss doch irgendwie kaputtzukriegen sein... "